Rückgewinnung der "Seewiese" beim Kurpark
Skandalöse Vorgänge in den 1970er-Jahren
... wann wird man aus Schaden klüger?
Resort-Hotel in Neuhaus? weiter ...
Mein für mich persönlich schönster und sicher auch bis heute nachhaltigster Erfolg bei meinen zahlreichen "Nebentätigkeiten" war 1973 die Rückgewinnung der heutigen „Seewiese“. Dieses Grundstück, auf dem heute nahezu alle Großveranstaltungen durchgeführt werden, wäre damals als Folge der unseligen „Bürgermeister-Ludwig-Bachhofer-Ära“ wie noch einige andere Grünflächen unwiederbringlich und restlos zugebaut worden. Ursprünglich im Besitz der Kath. Pfarrpfründe kam die Wiese über Grundstückstausch zunächst 1971/72 an die Gruppe Domberger-Cederbaum, die hier eine „Hotel-Anlage“ (gegen den heftigen Widerstand der CSU-GR-Fraktion und des CSU-Ortsverbandes) errichten wollte. Zur Erinnerung: Wir hatten in den 1970er-Jahren einen gigantischen Bau-Boom. Viele wollten da ihr schnelles Glück machen. Einige mit Erfolg, andere hatten sich gewaltig verspekuliert.
Mehrheit des damaligen Gemeinderates unterstützte die obskuren Hotelvisionen
Die Firmengruppe Domberger-Cederbaum, die mit erheblicher, persönlicher Unterstützung von Bürgermeister Ludwig Bachhofer dessen Hotel-Visionen verwirklichen sollte, war dann auch sehr schnell pleite. So gelang das Grundstück in die Hände eines neuen Spekulanten, des Münchner „Baulöwen“ Georg Hubmann. Der war durch den Bau und Betrieb von Alterswohnsitzen „Wetterstein“ zunächst finanziell sehr erfolgreich, hatte sich aber durch seine rigorosen Vorgehensweisen zum Schluss einen zweifelhaften Ruf erworben. Die Mehrheit des Schlierseer Gemeinderates mit PWG, SPD und FDP stimmte trotzdem für die Hubmann-Pläne. Die damals nur sieben-köpfige CSU-Fraktion, vornehmlich der spätere Bürgermeister Adalbert Lang, sprach sich, sehr mutig gegen den Zeitgeist kämpfend, dagegen aus. Hubmann war stets von zwei Anwälten flankiert und trug bei den geheimen Gemeinderatssitzungen forsch seine sog. "Hotel"-Pläne vor.
"Touristische Nutzung", die alte und immer wieder neue Masche der Spekulanten
Durch einen reinen Zufall fielen mir Anfang 1973 die weitgehend schon abgesegneten Hubmann-Baupläne in die Hände. Es war war wie vermutet kein Hotelbau im üblichen Sinne, sondern es waren da durchwegs Appartements. Diese liesen sich auch damals schon nach einer kurzen Schonfrist in Eigentums-Wohnungen umwandeln. Auf einem der schönsten Plätze am See hätte man mit geringen Aufwand ein Maximum an Gewinn einfahren können. Hubmann, finanziell zwar schon schwach auf der Brust, wollte deshalb sofort Nägel mit Köpfen machen: Auf unserer heutigen Seewiese wurden die Bagger im Frühsommer 1973 sofort in Bewegung gesetzt. Höchste Eile war also geboten. Jetzt kam eine ganz wesentliche und mitentscheidende Hilfe von dem damals neugewählten CSU-Landrat Wolfgang Gröbl, mit dem ich im ständigen Kontakt war. Über die Rechtsabteilung seines Amtes ließ Gröbl die Fortsetzung der Bauarbeiten unverzüglich stoppen.
Umwandlung in Eigentumswohnungen sehr wahrscheinlich
Um das Vorhaben endgültig zu verhindern, musste man also „Zeit schinden“. Viele Schlierseer, die ähnlich dachten, hatten sich leider schon mit den Gegebenheiten abgefunden. Als Einzelkämpfer wird es da schon etwas brenzlig. Dreh- und Angelpunkt war jetzt die (noch unbekannte) prekäre Finanzsituation der Hubmann-Unternehmungen geworden. Der erfolgreiche Verkauf von Eigentumswohnungen in Schliersee wäre die Rettung für den Zusammenbruch der Hubmann-Gruppe gewesen. Mein Ziel war also die Unterbindung der in Aussicht gestellten 50-Millionen-Bürgschaft durch den Freistaat Bayern. Die galt es jetzt durch eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit zu verhindern. Selbstverständlich habe ich gleichzeitig die entsprechenden damit befassten Behörden unterrichtet und um Unterstützung gebeten, vornehmlich den damaligen Umweltminister Dr. Max Streibl, dazu in Schreiben ähnlichen Inhalts Ministerpräsident Alfons Goppel und CSU-Chef Franz Josef Strauß.
Auch die Wirtschaftsredaktionen wichtiger Presseorgane, wie SZ, AZ, Merkur, Die Welt, FAZ etc., waren nach anfangs zögerlicher Behandlung dieses Themas für Informationen, die einen gewissen Sensationsgehalt haben, sehr empfänglich. Man muss hierzu bedenken, dass auch eine „unabhängige Presse“
sehr oft von Anzeigenabteilungen beeinflusst wird. Und Georg Hubmann war ein geschätzter Kunde - solange er noch seine Anzeigenrechnungen bezahlen
konnte. So hatte Hubmann, wie mir der damalige Wirtschaftsredakteuer des Münchner Merkur Michael Rammstetter mitteilte, mehr als DM 400.000 Anzeigenschulden.
Bürgschaft gestrichen - Hubmann pleite - Seewiese vor Bebauung gerettet
Kurz und gut: Die Zusage für eine bayerische Staatsbürgschaft wurde gestrichen, Hubmann pleite, Anzeigen-Rechnungen unbezahlt, Presse mit entsprechenden Schlagzeilen sauer auf Hubmann und
die Seewiese war vor Bebauung gerettet. Die Wiese konnte von der Marktgemeinde zurückgekauft werden und steht seither der Allgemeinheit zur
Verfügung. Alle glücklich. Hoffentlich noch lange, denn Begehrlichkeiten tauchten und tauchen immer wieder auf.
Eine ausgezeichnete Vorarbeit, die mit zur späteren Rückgewinnung der Seewiese führte, hatte damals der Schlierseer Untermehmer und Ingenieur Kurt Bier geleistet, mit dem ich in diesen
stürmischen Zeiten intensiv zusammenarbeitete. Gemeinsam konnten wir viele Schwachstellen und Ungereimtheiten der Verträge aufspüren und veröffentlichen. Sein damaliges "Ablauf"-Protokoll liegt
mir vor und ist ganz unten veröffentlicht.
Wird man aus Schaden klüger? So freue ich mich heute jedes Mal, dass unsere (auch gegen den damaligen Zeitgeist stehenden) Bemühungen nicht umsonst waren. Heute können wir alle auf diese freie Wiese runterschauen, die auch für die „Gesamt-Optik“ von Schliersee von so bedeutender Wirkung ist und hoffentlich noch lange bleiben wird. Nahezu alle Großveranstaltungen wären ohne diese "Seewiese" heute kaum oder gar nicht durchführbar. Trotzdem, die Frage stellt sich auch aktuell immer wieder, da der Baudruck unverminert anhält: Wird man aus Schaden auch klug?
PS: Das 16seitige Protokoll über die hier dargestellten Vorgänge liegt zur Beweisführung vor (s. unten). Übrigens war damalige Miesbacher Landrat Wolfgang Gröbl und spätere Staatsekretär im Kabinett Helmut Kohl u. a. auch wesentlich beteiligt, dass unsere Insel Wörth vom Bayerischen Staat aus privatem Besitz erworben und der Gemeinde für einen symbolischen Pachtzins von damals 1 Deutschen Mark zur Verfügung gestellt wurde. Dass diese Insel derzeit nur mehr eingeschränkt zugänglich ist, das ist ein anderes Problem.