"Schlierseer Advent", eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte

Wie alles begann. Der „Schlierseer Advent“ ist im Laufe der langen Zeit von fast vier Jahrzehnten zu einer Erfolgsgeschichte geworden. Mit einer Veranstaltung in der St. Sixtus-Kirche hat der Schlierseer Viergesang (Besetzung Karl Kögl sen. und jun., Karl Wiedemann und Konrad Esterl) im Jahr 1974 begonnen. Damals mit Pfarrer Josef Wiedholz als Sprecher. Neben dem Viergesang waren die Fischbachauer Sängerinnen, der Zitherspieler Sepp Winkler als versierter Begleiter und das Waldecker Saitenspiel, eine Schlierseer Nachwuchsgruppe, im stimmig, nur mit Kerzen beleuchteten Altarraum dabei. Und heute fast unvorstellbar - die Pfarrkirche war trotz Zusatzbestuhlung bis auf den letzten Platz bis zur großen Empore hinauf lückenlos besetzt.

 

Gleich im folgenden Jahr wurde deshalb diese Veranstaltung ins damals noch nicht renovierte, sehr „zugige“ Terofal-Bauerntheater verlegt. Mit Gebläseheizung, wer es noch weiß. Schon im Vorverkauf merkten wir, dass die vorhandene Theater-Bestuhlung (ca. 280 Stk.) auch hier nicht ausreichte. So holte ich vom Cafe Kögl in Fischhausen mit meinem betagten VW-Bus noch ca. 50 Gartenstühle für die Theaterempore. Die Außentüren waren in den Anfangsjahren  durchwegs undicht, so dass nicht nur eisiger Wind sondern des öfters sogar der Schnee in den Saal hereinwehte. Mit schweren, ehemaligen Militärdecken schafften wir einigermaßen Abhilfe. Im weiteren Jahr war dann auch die zusätzliche Vorstellung am Spätnachmittag um 18 h fast ausverkauft. Wenige Jahre nach umfassender Renovierung u.a. mit Fußbodenheizung, neue Türen etc. kam es dann zusätzlich am 3. Advent-Samstag zunächst zu einer dritten und wieder ein paar Jahre danach zu einer vierten Vorstellung. Auch die Vorstellungszeiten wurden geändert: Aus Rücksicht auf die immer zahlreicher werdenden Bahnfahrer aus München wurden die beiden Beginn-Zeiten auf 15 und 18 Uhr vorverlegt. Besucher der 18-Uhr-Vorstellung konnten so noch gemütlich ihr Abendessen in Schliersee einnehmen, bevor sie um 22 Uhr den damals letzten Zug bestiegen.

 

Erfolgsrezept: Heiterkeit in staade Zeit. Unsere Besucher waren sehr angetan, weil unser Schlierseer Advent sich abhob von allen übrigen Veranstaltungen dieser Art. Keine graue, düstere, nebelverhangene, oft sogar etwas schwermütige Vorweihnachtszeit auf der Bühne. Hohe musikalische Qualität war und ist Voraussetzung. Das Besondere bei uns in Schliersee aber war, dass die staaden und besinnlichen Momente durch das vorzügliche und unverkrampfte Spiel unserer Hirtenkinder mit sehr viel Humor verbunden waren. Ja, sogar ein Schuhplatter als das besondere Geschenk eines bairischen Hirtenbuben für das Christuskind war im Spiel integriert. Dieser Weg eines „heiteren“ Adventsingens mit viel Lokalkolorit war die Idee und das Verdienst vom Neuhauser Pfarrer Hanns Zollbrecht. Der schrieb inspiriert von den teilweise sehr lustigen, ja übermütigen Strophen in den traditionellen, alpenländischen Hirtenliedern in den ersten Jahren die Texte. Der aus dem Lateinischen stammende Begriff Advent bedeutet ja so viel wie Ankunft oder Besuch. Und auf einen willkommenen Besuch freut man sich doch? Warum soll ein adventliches Singen und Musizieren nicht mit viel Fröhlichkeit und Freude begleitet sein? Das war sicher das „Grundrezept“ für den andauernden Erfolg des Schlierseer Advent. Karl Wiedemann setzte als Nachfolger von Pfarrer Zollbrecht mit eigenen heiteren Texten und lustigen Geschichten aus der Bubenzeit in all den weiteren Jahren diesen Gedankengang erfolgreich fort.  

 

„Nebenwirkungen“ Der Leiter der „Blutenburger Konzerte“, Willi Fries holte uns bereits 1977 nach München. Hier gastierten wir, in den ersten Jahren noch zusammen mit Pfarrer Zollbrecht als Sprecher.  Jeweils am 3. Advent-Sonntag mit einem zeitlich und auch personell reduzierten Programm unter dem Titel „Advent im Oberland“ 35 Jahre lang. Die beiden Vorstellungen waren trotz erheblich höherer (münchner) Eintrittspreise von Anfang an wochenlang vorher immer schon ausverkauft.

 

Man könnte fast ein ganzes Buch darüber schreiben, was sich in dieser sehr langen Zeit so vor und hinter der Bühne ereignete. Und natürlich über die vielen, ausgezeichneten Musik- und Gesangsgruppen, die im Laufe der vielen Jahre zu unserem Erfolg beigetragen haben. Auch unsere Wirte, angefangen vom Terofal, Post, Mesner- bis zum Zwitscherstüberl etc. waren von den zusätzlichen Umsätzen in dieser sonst so „umsatzstaaden“ Zeit sehr angetan. Die Basis für andauernden Erfolg ist selbstverständlich die Qualität. Die alte Regel: Die beste Werbung sind zufrieden Kunden, gilt auch hier. Oder in diesem Fall noch besser:  nur begeisterte Besucher sagen es weiter (s. Anhang).

 

Ohne Fleiß, kein Preis! Aus verschiedensten Gründen fallen jedes Jahr auch begeisterte Besucher weg. So haben wir neben üblichen Ankündigungen und Pressevorberichten in den späteren Jahren auch alle Möglichkeiten im Internet genutzt. Selbstverständlich auch mit einer informativen und stets aktuellen Webseite. Nicht zu vergessen die Direktansprache mit Postkarten an unsere „Stammkunden“. Ohne Fleiß, kein Preis! Nie werde ich vergessen, wie ich an einem Wochenende im Juli bei mehr als 30 Grad im Schatten zusammen mit meiner Frau Evi über 400 Postkarten adressiert und frankiert habe. Vorab hatten wir schon ein paarhundert Bus- und Reiseunternehmen aus Bayern und teils drüber hinaus per Mail eingeladen und auf unsere Homepage Schlierseer-Advent.de verwiesen.

 

Trotz alledem, irgendwann muss man dann auch mal ans Aufhören denken. Im Jahr 2011 war dann aber Schluss: Wie in den sehr vielen Jahren zuvor, vier Vorstellungen mit je 410 Besuchern aus der ganzen Region. Dazu elf Omnibusse mit Besuchern aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und Württemberg, aus der Schweiz, der Oberpfalz und aus Niederbayern waren angereist. Schon zwei Monate vorher, Anfang Oktober, waren alle Vorstellungen bis auf den allerletzten Platz mit insgesamt 1.640 Besuchern restlos ausverkauft.

 

Fazit: Der Schlierseer Advent war über fast vier Jahrzehnte hinweg nicht nur ein kultureller und gesellschaftlicher Erfolg sondern auch ein finanzieller. Mit den Reinerlösen konnten wir 42 Jahre lang vornehmlich die Musikschule Schliersee, die ich 1974 gründete und seitdem ehrenamtlich leitete, finanzieren. Weit über 2.000 Kinder und Jugendliche erhielten in dieser Zeit ihre musikalische Grund- und Weiterbildung. „Prominenteste Schüler: Markus Wasmeier (Zither), Andreas Estner (BR-Redakteur, Buchautor) Akkordeon. Dazu kommen viele ehemalige Schülerinnen und Schüler, die heute noch mit ihrem gekonnten Musizieren vielen Zuhörern Freude bereiten. Und was man nicht vergessen darf: Aus einigen dieser „Hirtenkinder“ sind später dann sehr respektable Theater-Spieler geworden.